Warum ich das Schulsystem verlassen habe

Es waren weder Resignation noch Frustration – und auch kein Burnout. Mein inneres Feuer drohte zu ersticken – mein innerer Kompass zu versagen.

Um meine Kreativität, meine Leidenschaft und meine Lebenskraft zu bewahren, bat ich um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Mein Fokus richtet sich nun auf eine kraftvollere Wirksamkeit meines Potentials.

Am Anfang dieser Reise ins Unbekannte war eine Stimme, die ich lange überhört habe.

Zum Jahreswechsel 2024/25 vernahm ich eine entschlossene Stimme: Verlass das System im Sommer. Aber schon nach wenigen Tagen, hatte ich genügend Gründe parat, sie zu überhören. Ich lasse andere im Stich. Wichtige Projekte bleiben liegen. Ich darf andere nicht enttäuschen.

Heute weiß ich: Diese Gedanken waren nichts anderes als die Abwehr einer tiefen Angst – vor dem Unbekannten und dem Neuen. Eine Zeit lang, konnte ich mich durch Routinen in Sicherheit wiegen. Doch die rasanten Veränderungen in der Welt und um mich herum führten mir immer deutlicher vor Augen: Eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen war unausweichlich.

Meine vertraute Welt – eine liberale Demokratie mit Gerechtigkeit und Wohlstand für die meisten Menschen – steht vor großen Herausforderungen. Weltweit verändern sich Machtgefüge. Einst unumstößlich geglaubte Prinzipien wie das Völkerrecht stehen mehr und mehr zur Disposition. All das geschieht vor dem Hintergrund des Klimawandels und seiner vielfältigen Folgen. Selbst im nahen Umfeld wurden Beziehungen brüchiger und unruhiger – oft eine Folge von Überlastung, Überforderung oder Krankheit. Diese und weitere Einflüsse ließen mich erkennen, wie rasant sich das Leben auf unserem Planeten veränderte. Und ich sah mich, mitten in diesem schier nicht aufzuhaltenden Strom, lieber an meine Routinen klammern, anstatt meiner Intuition zu folgen.

Je mehr sich dieses Bild schärfte, umso deutlicher erkannte ich Formen von Erstarrung und Angst. Bei vielen in meinem Berufsumfeld wurde trotz aller Belastung streng an Formalitäten und tradierten Abläufen festgehalten. Statt als Erwachsene gut für sich zu sorgen, um kraftvoll junge Menschen in dieser Zeit zu begleiten, hielten viele am Bekannten fest. Statt Räume zu schaffen, in denen Heranwachsende mehr Verantwortung übernehmen, wurden alte Muster und Rituale unbeirrt fortgesetzt.

Aus meiner Sicht hatte das Eintragen der Noten höchste Priorität während offenen Fragen nach Veränderung kaum Beachtung geschenkt wurde. Das Einhalten der Prüfungsformalitäten galt die gesamte offizielle Aufmerksamkeit, dem Suchen nach neuen Antworten wurde nur im persönlichen Gespräch Beachtung geschenkt.

Doch nicht nur in Schule, sondern auch in der Lehrkräftebildung wurde dem Neuen und zeitgemäßen immer weniger Raum gegeben. Wichtige Impulse wurden zunehmend bis zur Unkenntlichkeit verändert, sodass vor allem das Bestehende bewahrt und das Neue ausgeblendet wurde.

Und schließlich waren für mich auch seitens der Landespolitik keine Impulse der Ermutigung erkennbar. Sparmaßnahmen, die für mich weder Sinn noch Zweck erkennen ließen, waren an der Tagesordnung. Ich kam zu der bitteren Erkenntnis, Bildung sollte höchstens im Notbetrieb laufen. Der Wille zur Gestaltung wirkte wie ausgelöscht. Und schlimmer noch, diese Maßnahmen verschärften die Gefühle von Verunsicherung und Angst.

Dies auszuhalten, fiel mir zunehmend schwer. Ich spürte, dass ich in einem System, geprägt von Angst und Verschlossenheit, gefangen war; Neues, Unbekanntes und offene Fragen waren hier schlicht nicht vorgesehen.

Statt Offenheit begegnete mir immer wieder:

Angst vor Veränderung.

Angst vor neuem Ausprobieren.

Angst vor dem Unbekannten.

Im April spürte ich, wie die Enge meines Umfelds auch mich zu erdrücken begann. Umgeben von so viel Furcht und Versteinerung, schwanden mir die Kräfte und mein Feuer und meine Leidenschaft verloren zusehends ihr Leuchten.

Veränderung benötigt Offenheit im Geist, Mut im Herzen und Kraft im Körper. Stattdessen ergriff mich das Gefühl der Ohnmacht. Wo ich mich zunächst nur im Strom einer sich rasch wandelnden Welt sah, spürte ich jetzt die Beklemmung um mich herum. Mir drohte der Verlust letzter Gestaltungs- und Entfaltungsspielräume.

Diese Gefühle, diese Bilder ganz zu mir zu nehmen und sie in mir zu spüren, befreiten mich schließlich von meinem Zweifel. Ein Weitermachen, ein Verbleiben würde unweigerlich über meine Kräfte und über meine Grenzen gehen.

Die Stimme hatte recht.

Es war richtig zu gehen.

Es war stimmig, ins Unbekannte zu springen.

Ein notwendiger Schritt, um mir Selbstbestimmung und Handlungsfreiräume neu zu erschließen.

Und es ist mein Schritt. Allen, die weiterhin im System mit ihrer Leidenschaft und Kraft für Wandel und gute Bildung unserer Kinder einstehen, gilt mein tiefer Respekt.

Quellen

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